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Rock am Ring: 10 Faktoren für Line-Up-Tipps

  • Autorenbild: Michael Scharsig
    Michael Scharsig
  • 19. Sept.
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 20. Sept.

Es ist ein kleines nischiges Thema für Festival-Nerds. Genauer gesagt, Liebhaber von Rock am Ring und Rock im Park. Und zu solchen Gestalten zähle ich mich selbst. Ich könnte stundenlang eintauchen in Recherche, Analyse und Wunschdenken – und tippe jedes Jahr leidenschaftlich gerne Bookings und Line-Ups. Dir geht es genauso, Du weißt aber nicht, ob Du alle Faktoren berücksichtigst? Den perfekten Tippschein gibt es nicht, dafür ist der Ring manchmal zu verrückt. Aber es gibt sehr wohl felsenfeste Indizien. Zehn davon möchte ich Dir vorstellen. Also: Welche Faktoren berücksichtige ich bei meinen eigenen Tipps?


Foto der Utopia Stage von Rock am Ring 2025
  1. Geld. Klar, Linkin Park waren schon immer ein großer Headliner, doch der Nostalgie-Hype, das Comeback und der damit einhergehende Erfolg haben die Truppe nochmal auf ein ganz anderes Level gehoben. Zwei weitere Headliner mit ähnlichem Status sind nicht zu packen. Ich habe also bei jeder Band geschaut und abgewogen. Rein finanziell sind Anreise, Hotels und Verträge meist deutlich günstiger bei deutschen Acts oder innerhalb Europas. Zudem können exklusive Verträge oder Abschiedstouren Preise steigen lassen. Deshalb glaube ich z. B. nicht an System Of A Down, obwohl sie brandaktuell ihre überraschende Mini-Tour ausverkauft haben. Eine solche Band lohnt sich – wie LP in diesem Jahr – als Ankündigungs-Act für 2027.


  1. Booking-Agenturen. Wenn Du einen Artist im Katalog der „Ring-Agentur“ PRK Dreamhaus findest, der im Zeitrahmen von Rock am Ring noch nicht verplant ist und musikalisch passen könnte, dann stehen die Chancen sehr gut. Noch besser, wenn er in den vergangenen zwei Jahren nicht bereits dort war. Ein zweiter Blick lohnt sich beim Katalog von FKP Scorpio, den Hurricance-Bookern, die seit kurzer Zeit offiziell mit Dreamhaus kollaborieren. Hier gelten all die genannten Faktoren natürlich ebenso, nur eben mit Blick auf Ring UND Hurricane. Bei Dreamhaus setze ich dieses Jahr z.B. auf Architects, Black Veil Brides oder Deftones. Bei FKP Scorpio sehe ich u.a. Coheed & Cambria, Clutch und Gojira. Aber dazu später mehr.


Screenshots der Artist-Kataloge von Dreamhaus und FKP Scorpio
Screenshots der Artist-Kataloge von Dreamhaus und FKP Scorpio

  1. Tourpläne, Gebiete und Alben. Hast Du Dir eine Bandliste aus den Agenturkatalogen erstellt, kannst Du nun weiter filtern. Bringt der Artist z. B. sechs bis zwölf Monate vor Rock am Ring neue Musik raus, die er ans Publikum bringen muss? Dann könnte es klappen. Ein weiterer Blick lohnt sich auf die Tourpläne. Hat die Band bereits Tourpläne für Gigs in Deutschland veröffentlicht und Anfang Juni gibt’s auffällige Lücken? Gut möglich, dass Du nun weißt, warum. Eine weitere Möglichkeit könnte sein, bei den Tourplänen auf die Geografie zu schauen. Rock am Ring gilt z. B. vor allem als Einzugsgebiet „Köln“ und „Rheinland“, manchmal sogar ganz NRW. Tritt eine Band z. B. bereits in Köln oder Düsseldorf auf, ist es eher unwahrscheinlich, dass sie auch zum Ring kommt. Tritt sie z. B. in Hamburg, Berlin und München auf – fehlt da ein großer fetter Punkt auf der Karte.


  1. Hype-Acts. Das ist tatsächlich eine der Königsdisziplinen. Denn je größer das Festival, desto wahrscheinlicher, dass Line-Ups sogar bis zu zwei Jahre im Vorhinein ausgetüftelt werden. Gibt es aber Bands, die zu einer bestimmten Zeit so durch die Decke gehen, dass die Nachfrage den Ticketkauf enorm ankurbeln könnte, muss irgendwie schnell eine Lösung gefunden werden. Der Ring hatte zum Beispiel Glück mit Sleep Token und Falling In Reverse, Linkin Park aber leider erst ein Jahr später bekommen. Meine Tipps für dieses Jahr: President, Bloodywood, Kim Dracula oder The Butcher Sisters.

    Live-Fotos von Sleep Token und Poppy
    Believe the Hype: Sleep Token und Poppy
  2. Comebacks, zweite Anläufe, Techno und Rap. Der Ring hat schon immer seltsame Dinge getan, zuletzt z. B. Kontra K. als Opener für Slipknot besetzt oder Brutalismus 3000 auf einen Slot neben Sleep Token geballert. Das gefällt nicht allen, ist aber in seiner Konsequenz so schmerzfrei, dass ich das schon fast wieder feiere. Außerdem besitzt Deutschland selbst viele Acts im Hip Hop und in elektronischen Bereichen. Hier kann bei hoher Qualität viel Geld gespart werden. Zudem kommt es oft vor, dass Bands kurzfristig absagen – und versprechen, den Termin nachzuholen. Auch hier kann bei richtiger Verhandlung gespart werden, wenn der Artist es ernst meint. Fun Fact: Marteria hat 2024 Bad Omens als Marsimoto ersetzt. Ich sag ja, der Ring macht manchmal seltsame Sachen. Comebacks wiederum können teuer wie Linkin Park oder SOAD werden, oder Hype bringen, wie bei Trailerpark oder dem Wunsch nach der Bloodhound Gang.  


  3. Support-Acts. Wir gehen jetzt mittlerweile ins Detail, aber ignoriert werden kann dieser Punkt nicht. Mittlerweile bringen Bands auf ihrer Tour immer gleich ein bis drei hochwertige Support-Acts mit, um den Ticketpreis noch mehr zu pushen. Diese gemeinsame Arbeit hat zur Folge, dass die Support-Acts auch gerne mit in Festival-Verträge genommen werden. So haben The Warning zum Beispiel auf ihrer Deutschland-Tour 2025 Still Talk als Opener dabei gehabt und siehe da, beide hat es zum Ring verschlagen. 2024 wäre das Kunststück While She Sleeps und Malevolence gelungen, wären Letztere nicht ausgefallen. Für 2026 sehe ich u.a. Beyond the Black und Crownshift oder Dope und Static-X, die sich mit Edsel Dope den Sänger teilen und 2025 dadurch gleich beide beim Wacken Open Air spielten.


  4. Gute-Laune-Acts. Rock am Ring findet Anfang Juni statt und das bedeutet in Deutschland – erst recht in der Eifel – dass Du auf wirklich jedes Wetter vorbereitet sein musst. Die Chancen stehen trotzdem sehr gut, dass es sonnig und warm wird. Kein Wunder, dass die Betreiber sich deshalb auch gerne Acts für gute Stimmung buchen und eben nicht nur Emo, Wut und Weinerei. In den letzten beiden Jahren wurde auf solche Artists verstärkt geschaut, u. a. Lokalhelden aus Köln, wie Querbeat oder Kasalla, aber auch Party-Metal und DJ-Sets von Electric Callboy, Evil Jared mit Twitch-Kumpel und Laptop-Show, Coverbands wie Me First and The Gimme Gimmes oder Italo-Schlager von Roy Bianco und den Abbrunzati Boys.

    Collage der Bands Electric Callboy und Querbeat
    Stimmuuuung: Electric Callboy und Querbeat
  5. Easter Eggs und Fragezeichen. Tritt ein Sänger nicht mit seiner weltweit erfolgreichen Mega-Band auf, sondern allein oder in einem kleinen Nebenprojekt, kommen die Booker meist etwas günstiger dabei weg, als beim „Original“. Rock am Ring schlägt für gewöhnlich bei solchen Chancen traditionell immer zu. Und so kommt es, dass manchmal Artists gute Slots bekommen, die einen auf den ersten Blick verwundert zurücklassen. Allein 2024 und 2025: Deftones‘ Chino Moreno mit Crosses, Hollywood-Star Keanu Reeves mit Dogstar, SOAD’s Bassist Shavarsh Odadjian mit Seven Hours After Violet, Evil Jared von der Bloodhound Gang (Solo), Volbeats Sänger Michael Poulsen mit Asinhell, Kerry King von Slayer (Solo), Corey Taylor von Slipknot (Solo), Myles Kennedy von Alter Bridge (Solo) oder Jerry Cantrell von Alice In Chains (Solo).


  6. Alte Freunde. Schon zu Zeiten von Marek Lieberberg hat sich schnell abgezeichnet, welche Künstler den Weg ein wenig häufiger zum Ring finden, als andere. Das hat mit einigen der genannten Faktoren zu tun, aber auch mit sentimentalen Gründen sowie mit guten Beziehungen. So halten beispielsweise Die Toten Hosen und die Donots die Rekorde der meisten Teilnahmen am Ring. Doch es gibt auch Artists aus anderen Ländern, bei denen Du früher oder später sicher sein kannst, dass sie irgendwann vorbeischauen. Mir fallen da spontan Volbeat, Slipknot, oder Billy Talent ein.

    Altes Foto von den Toten Hosen bei Rock am Ring
    Rekordhalter am Ring: Die Toten Hosen
  7. Faktor X - der Wilde. Ich habe es bei Punkt 5 ja bereits angedeutet. Wenn es darum geht, das Line-Up mit wilden Ideen zu bestücken, dann ist der Ring vorne mit dabei. Einige Sachen kommen so aus dem Nichts, das kannst Du einfach nicht tippen. Gleichzeitig macht das aber auch den Spaß an der Überraschung aus. Es sorgt für Diskussionen, Aufmerksamkeit und auch Exklusivität. Ich erinnere mich da z. B. an Wax, MC Fitti, Jay-Z, Outkast, Deadmau5, Scooter, Lazer, The Chemical Brothers oder Bushido. Ganz ehrlich? Ich würde dieses Jahr nicht mal Alexander Marcus, Kraftwerk oder Tokio Hotel komplett ausschließen.


Fazit:

Ich möchte weder behaupten, dass ich der totale Experte bin, noch möchte ich behaupten, dass meine Tipps goldrichtig sind. Außerdem gibt es noch weitere Faktoren, zum Beispiel das Abdecken der Interessen vieler verschiedener Altersgruppen, das Verteilen unterschiedlicher Genres - und hoffentlich irgendwann auch mal ein noch stärkerer Blick auf geschlechtlicher Diversität. Vor allem geht es mir bei Line-Up-Tipps um Spaß und nerden - und ganz wichtig: Nicht zwangsläufig Deinen eigenen Geschmack! Ich werde direkt im Anschluss noch einen zweiten Artikel veröffentlichen, in dem ich mein gesamtes getipptes Line-Up für 2026 präsentiere. Dort werde ich etwas genauer auf die Bands selbst eingehen und meine Tipps anhand der genannten Kriterien begründen. Stay tuned!

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