Rock am Ring 2025: Mein Freitag
- Michael Scharsig
- 9. Juni
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 26. Juli

Die Eröffnung meines absoluten Lieblingsfestivals sollte am 6. Juni mit echten Überraschungen zum Jubiläum auftrumpfen. Wortwörtlich, denn auf der Hauptbühne, der Utopia Stage wurden zwei Special Acts für 13:30 und 15 Uhr angekündigt – wenige Tage vor Beginn war bereits klar, dass der dritte Special Guest um 16:30 Knoched Loose sein sollten. Gemäß der Tradition habe ich mich schon 45 Minuten vor Eröffnung vor die Eingänge gewagt, um den Trubel ein bisschen mitzubekommen.
Schließlich auf dem Gelände angekommen habe ich zuallererst den Tattoo-Artist gesucht, da ich mit dem Gedanken spielte, mir ein Jubiläums-Souvenir stechen zu lassen. Ich wusste, dass dies nur mit Terminabsprachen klappen würde, also ließ ich die Massen an mir vorbei zur Utopia strömen. Ohnehin habe ich die Special Guests mit einem lachenden und einem weinenden Auge betrachtet, denn bei den hohen Erwartungen blieben andere Bühnen zu Beginn relativ leer bzw. hätte ich großartige Bands wie House of Protection verpasst für eine Wundertüte. Hätte. Dazu in wenigen Zeilen mehr.
Großes Rätseln, kleines Stechen
Kurze Zeit später fiel den ersten Fans vor der Utopia-Stage das Drumset von Electric Callboy auf und die Nachrichten verbreitete sich innerhalb weniger Minuten. Der erste Special Guest war also gefunden. Gefunden hatte ich auch meinen Tattoo-Artist, MEDUSA Tattoostudio aus Oberhausen. Weil ich die Callboys sehr schätze, aber deshalb eben auch schon viermal in vier Jahren live erleben durfte, entschied mich für den Tattoo-Termin als Alternative. Innerhalb einer Stunde hatte ich mein neues Tattoo auf dem Oberarm, die 85 im alten Design von Rock am Ring. Eine Anspielung an das Jubiläum des Festivals und meines 40. Geburtstags. Für stolze 180 Euro. Fragt nicht. Ich weiß.
Dann endlich startete mein RaR 2025 auch musikalisch und tatsächlich mit einem meiner Highlights des Wochenendes: House of Protection auf der Mandora Stage. Das Duo Stephen Harrison und Aric Improta, bekannt aus ihrer alten Band Fever 333, feuerte einen Banger nach dem anderen ab. Eine teils tanzbare, teils harte Mischung aus modernem Rock mit elektronischen Einflüssen. Es wurden Gitarrenriffs im Moshpit zelebriert, es wurde auf Bühnenabschnitte geklettert und zwischendurch einfach jede Menge großartiger Songs wie Fire, Learn To Forget oder Godspeed auf die Menge losgelassen, die sichtlich Spaß hatte. Der perfekte Opener.
Als dann verkündet wurde, dass Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys die zweiten Special Guests darstellen sollten, entschied ich mich erneut gegen einen Besuch der Utopia. Nicht, weil die Truppe nicht mag, sondern, weil ich sie a) gar nicht kenne und b) ich ohnehin nur noch zur Utopia gehe, wenn ich komplett überzeugt von einer Band bin. Leider stören mich hier die Ampelsysteme das ewige Warten dann doch ein bisschen zu sehr und ich genieße es einfach immer wieder zwischen den anderen Bühnen hin und her zu schlendern und auch mal Neues dabei zu entdecken. Für Knocked Loose habe ich mich dann doch mal in die hinteren Reihen der großen Bühne begeben und habe den faszinierenden Krach bekommen, den ich erwartet habe.
Poppy meistert den Nachmittag
Komplett auf meine Kosten bin ich dann aber wieder auf der Mandora Stage gekommen. Metal-Queen Poppy ist einer meiner Hauptgründe gewesen, mich auf Rock am Ring dieses Jahr zu freuen und tatsächlich hat sie meine Erwartungen übertroffen. Es ist einfach faszinierend, wie cool das ehemalige YouTube-Phänomen in ihrer Persona bleibt, gleichzeitig dabei aber flüssig wie Öl zwischen ihren düsteren Elektro-Nummern, dem harten neuen Metalcore-Sound und immer wiederkehrenden modernen Rockeinlagen wunderschön singt, satanisch schreit und flirty mit dem Publikum spielt. Alles ein wenig durchgetaktet, aber hochprofessionell und mit einer Live-Qualität, die man auf der Mandora erst einmal beweisen muss. Auch die maskierte Band war großartig! Umso schöner, dass Stephen von House of Protection noch einmal als Gast mitfeiern durfte.
Danach muss ich gestehen, habe ich A Day To Remember und Feine Sahne Fischfilet nur von der Food-Zone bzw. vom Churritos-Stand aus mitbekommen. Bei beiden herrschte Top-Stimmung, aber so richtig auf Musik konzentriert habe ich mich erst wieder bei einer meiner Lieblingsbands aus Deutschland: Adam Angst. Hier flogen größere Fußbälle über das Publikum und zu meiner Freude stand zudem plötzlich das Lumpenpack mit auf der Bühne, natürlich um den gemeinsamen Song Kruppstahl, Baby! zu spielen. Ein gelungener Auftritt und Musik, die ich euch jederzeit ans Herz legen möchte – übrigens auch von den Ärzten in höchsten Tönen gelobt.
Bring Me ins Bett
Um eines vorwegzunehmen: Ich habe mir weder den Freitags-Headliner Bring Me The Horizon, noch K.I.Z. oder das DJ-Set von Electric Callboy angeschaut. Mit bereits zwei Vortagen im Rücken und Blick auf das wirklich schwierige Wetter dieses Jahr, wollte ich so viel Energie wie möglich für die kommenden zwei Festivaltage sparen. Den einzigen Auftritt, den ich mir an diesem Abend also noch ansah, war die großartige Live-Show von meinen Elektro-Punk-Helden The Prodigy. Insgesamt habe ich die Band bereits viermal gesehen und auch seit Keith Flints Tod hat sie keinen Prozent an Kraft, Groove und Sound Energie eingebüßt. Dazu ein Licht-Spektakel und Hits, die sich über mehrere Jahrzehnte erstrecken. Ein mehr als runder Abschluss.
Fazit Tag 1
Weil die Special Guests selbst bei Einlass noch nicht feststanden oder bekanntgegeben wurden, bildete sich in den ersten Stunden eine Menschenmasse auf dem Gelände, wie ich sie nur selten erlebt habe – und das trotz vierter zusätzlicher Bühne. Mit einigen Love-Parade-Erfahrungen im Hinterkopf war mir da schon mulmig. Zum Glück verteilte sich das Ganze später aber wieder auf Campingplätze und andere Areale. Abgesehen davon habe ich mit Poppy, Adam Angst, The Prodigy und House of Protection vier absolute Top-Shows gesehen und alle vier Acts erlebt, die ich unbedingt sehen sollte. Dazu noch ein Poppy-Shirt und ein Jubiläums-Tattoo, mehr geht fast nicht!










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