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Linkin Park – From Zero (2024)

  • Autorenbild: Michael Scharsig
    Michael Scharsig
  • 19. Nov. 2024
  • 4 Min. Lesezeit

Anders, als bei anderen Rezensionen werde ich hier wenig allgemeine Worte über Linkin Park und ihren Werdegang verlieren. An anderer Stelle werde ich das ausführlich nachholen und auch erklären, warum ich mit der neuen Konstellation der Band wenig anfangen kann. Als einzige Info zu meinem Verhältnis gegenüber der Band sei gesagt, dass Chester Bennington eines meiner wenigen Idole war (und bis heute ist, rest in peace) und Linkin Park als Band meine Jugend maßgeblich mitgeprägt haben. Zeiten ändern sich. Da Linkin Park aber nicht Rammstein sind, finde ich es nur fair, ihre neue Arbeit zumindest anzuhören. Los geht’s.

Pressefoto von Linkin Park

Auf The Emptiness Machine möchte ich an dieser Stelle gar nicht tiefer eingehen. Schon beim EDM-Piano und den schönen Layern auf Mike Shinodas Stimme, die mich an A Day That Never Comes oder Darker Than Blood erinnern, war mir klar, dass das ein sicheres Brett wird. Das Ding als Opener zu nehmen, macht Sinn. Hier stimmt eigentlich alles, von Emilys Erscheinung als neue Frontfrau bis hin zu einem Chorus, der im Ohr bleibt. Rockt. Ist live bereits nachweislich mehr als tauglich und durchweg gut geschrieben und produziert. Wie aber geht es weiter?


Cut The Bridge erinnert vor allem zu Beginn wegen des Drum-Rhythmus an Bleed It Out, löst sich aber schnell genug zu einer eigenständigen, fast schon punkigen Nummer, die vor allem mit ihren dezenten orchestralen melodischen Linien im Hintergrund punktet. Der Refrain ist im Vergleich ein bisschen underwhelming, dessen Stil mich ein wenig an Bands wie Halestorm erinnert. Nur, dass diese mehr Power in ihre Stadion-Refrains schmeißen. Die erste positive Notiz beim Hören von Heavy Is The Crown ist, dass Mike Shinoda wieder mehr „rappen“ darf. In meinen Augen ein Element, dass nicht hätte fehlen dürfen und jetzt schon zweimal Anwendung findet. Dafür dass Shinoda eigentlich der King der Ohrwürmer ist, bremst der Refrain einmal mehr die Energie aus. Diese soll zwar durch Emilys Scream noch einmal entfacht werden, aber das alles kommt irgendwie aus dem Nichts und treibt nicht an.


Erst nach Formel, dann plötzlich mutig


Apropos Emily: Ihre Stimme in Over Each Other kommt zum ersten Mal seit Emptiness Machine so richtig zu Geltung, vor allem ihre melancholische Seite. Wunderbar mit sanfter Zweistimme unterstützt. Zusammen mit den cleanen Drums klingt das schon sehr harmonisch. Auf die Gefahr hin, dass ich mich ein paar Mal wiederholen werde: nach fünf Songs sind es vor allem die Texturen, die Instrumentals und das Verspielte in den Produktionen, die das Album aufwerten und jedem Song etwas Individuelles geben. Mit Ausnahme der ersten Vorab-Single sind es aber vor allem die generischen Refrains, die das Album bis hierhin in den radiotauglichen Durchschnitt drücken.


Und als würde mir die Band nach so einer Aussage den Mittelfinger zeigen, wird mir mit Casualty plötzlich richtig Wind entgegengeblasen. Einen angepissten Mike haben wir tatsächlich noch nicht so oft gehört. Emilys Screams drücken hier auf Turbo und erinnern vor allem in der zweiten Hälfte schon sehr an Tracks wie War oder Guilty All The Same aus dem roheren Rock-Album The Hunting Party. Ganz kurz musste ich auch an Maria Brink denken. Nach 2:20 Minuten ist der Ausraster vorbei. Rüttelt wach. Bricht das Stimmungsbild. Ist dann aber auch der erste Song, der wirklich wie eine Kopie wirkt. Nehme ich aber gerne in Kauf, weil er vor allem live sicherlich abgeht wie Schmidts Katze.


Overflow verwandelt die Band dann plötzlich in einen Mix aus P.O.D., Imagine Dragons und das Linkin Park aus A Thousand Suns (das ist ein Kompliment). Sehr coole Vocals von Shinoda, eine fette Produktion aus Synths, Echos, repetitiver Background-Vocals und dickem Bass. Eben weil der Track mal andere Wege geht, weniger radiotauglich und experimenteller ist und auch Mr. Hahn hier zur Geltung kommt. Two Faced schmeißt anschließend die Zeitmaschine an und wirft uns irgendwo zwischen Hybrid Theory und Meteora in die wohl stärkste Phase der Band. Einmal mehr ist hier der schwache Chorus das Problem. Dieser wird aber von einem Breakdown weggefegt, der sich gewaschen hat. Blackout-Vibes. Aber One Step Closer 2.0? Come on.


Pressefoto von Linkin Park

Viel Kreativität – wenig Emotionen


Kraftvolle, cineastische Drums und schöne Gesangslinien von Emily und Mike servieren mir dann mit Stained einen weiteren Track, der sich stilistisch wirklich von den alten Linkin-Park-Nummern trennt. Das passt in meinen Augen besser, als in den Momenten wo die neue Formation versucht, wie die alte zu klingen. IGYEIH klingt dann – und das meine ich nicht sarkastisch – als hätte eine AI einen stereotypischen Song von Linkin Park droppen sollen. Bevor ihr meckert, die Diskografie besteht eben aus mehr als nur Hybrid Theory und Meteora. Das beziehe ich in meine Aussage mit ein. Emilys Stimme rockt, die elektronischen und verzerrten Effekte im Hintergrund sind sehr cool.


Nach einem Intro, dass mir My December-Vibes gibt, ist Good Things Go dann am stärksten, wenn Shinodas sanfter Gesang und Emilys poppige Stimme aufeinandertreffen. Überhaupt habe ich den Eindruck, dass Armstrong dann eher scheint, wenn sie weniger ins Mikro brüllen muss. Leider bleibt von der Nummer am Ende nicht viel in Erinnerung und da hätten wir dann auch meinen zweiten großen Kritikpunkt. Wenn Linkin Park mal nicht laut waren, waren sie unfassbar gut im Treffen von Gefühlen und Emotionen. Diese bleiben bei mir auf diesem Album fast komplett aus.


Fazit: ⭐⭐⭐ / 5


Linkin Park haben es geschafft, ihre neue Platte tatsächlich mit einem neuen, eigenen Sound zu versehen und drücken mit From Zero nur selten auf die Nostalgiedrüse. Hybrid Theory? Chester? Nu Metal? Interessanterweise jubilieren exakt die Songs, die diese Fragen ignorieren. Ein Neustart ohne Meisterwerk. The Emptiness Machine sticht hervor. Zu langweilig ist das Songwriting vieler weiterer Refrains, zu wenig Tiefe und Emotion werden vermittelt, sodass das Comeback trotz zwei, drei spannenden Ausreißern auch keine Ära prägen wird. Muss es aber auch nicht.


Label: Warner Records Inc.

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