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Review: Nina Chuba – Ich lieb mich, ich lieb mich nicht (2025)

  • Autorenbild: Michael Scharsig
    Michael Scharsig
  • 21. Sept.
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 13. Okt.

Mit Blick auf ihre Popularität ist es irgendwie wild, dass Nina Chuba mit Ich lieb mich, ich lieb mich nicht erst ihr zweites Studio Album veröffentlicht. Ihren gemeinsamen Track mit Provinz habe ich auf Dauerschleife gehört und spätestens seit der Farbenblind-EP verfolge ich aufmerksam ihre Entwicklung. Dabei finde ich ihre gesungenen Parts meist viel besser als ihren Sprechgesang. Mal schauen, wo sich ihr neues Album für mich einordnet.


Pressefoto zu "Wenn das Liebe ist" von Nina Chuba

NINA: ⭐⭐⭐

Was ich an Nina Chuba schätze: Du weißt nie, in welchen Genres sich der nächste Track tummelt. Das bedeutet auch, nicht alles davon trifft immer meinen Geschmack. Der Einstieg ins Album klingt wie eine Hommage an Seeed oder Marteria, ähnlich wortgewandt. Schade, dass der recht belanglose Chorus dann aber nicht mithalten kann. Wohl eher ein Song, der live funktionieren dürfte, wenn die Hallen den Namen rufen, den sie sich ja eh merken sollen.

Wenn das Liebe ist: ⭐⭐⭐⭐⭐

Bei dem guten Ding hier mache ich kein Geheimnis draus, es ist einer meiner absoluten Lieblingssongs von Nina. Die Musik kommt unbeschwert im Garage-Pop daher und ist gleichzeitig ein Ruf nach Freiheit – in einer Beziehung oder eben ohne. Top-Melody-Writing und ohne viel Schnick Schnack. So können eben auch kurze Tracks funktionieren.  

Jung, dumm & frei: ⭐⭐⭐

„Ein Hoch auf uns Sorgenkinder“ – je weniger die 26-Jährige rappt und je mehr sie singt, desto mehr gefallen mir ihre Songs. Kann ihr scheißegal sein. Erklärt aber, warum ich auch diesen leicht-karibisch angehauchten und entspannten Vertreter mehr mag, als einige ihrer älteren Nummern.

Jeeep: ⭐⭐

Autotune und hochgepitchte Stimmen. Du könntest mir Millionen Euro schenken, aussehen, wie eine Liebesgöttin und mir eine Waffe an den Schädel halten, ich würde noch immer abwinken. Dazu noch keine zwei Minuten lang und trotzdem so repetitiv? Puh. Erster Lückenfüller, der fast wie ein Interlude wirkt.  

RAGE GIRL: ⭐⭐

Es ist ein bisschen ironisch, dass es hier heißt „Es gibt kein zurück mehr, doch da wollte ich sowieso nicht hin“, denn leider geschieht genau das. Statt frischer Ideen, die ich sonst von ihr gewohnt bin, wird hier dem Zeitgeist hinterhergelaufen und Artists wie Artemas oder Ikkimel nachgeeifert. Geht auf Festivals bestimmt ab, ansonsten aber ins Leere. Da helfen auch die Capital Letters nicht.

Überdosis: ⭐⭐⭐⭐ 

Und als hätte ich nach gutem Anschauungsmaterial gesucht, das beweist wie viel besser Nina im Vergleich zu den beiden letzten Tracks sein kann, gibt’s sofort `ne Überdosis. Entspannter Synthie-Sound, groovende Riffs im Hintergrund und richtig gute Lyrics. „Der Wind verweht die Reste von gestern, schon ist alles vergessen. Der Rauch und dein Duft und die kleinen Verbrechen.“


Unsicher: ⭐⭐⭐⭐⭐  „Ich schau so lang in den Spiegel, bis mir irgendwas nicht passt. Google "Kollagen" und "Filler" und hass danach, dass ich mich hass.“ – Peak-Nina, weil top Message in wenigen Minuten in einer simplen aber melodisch schön geschriebenen Akustik-Ballade mit Synthwave-Fade-Out verpackt. So self-aware, ich möchte mich für die Kritik an RAGE GIRL und Jeeep fast entschuldigen.

3 Uhr nachts: ⭐⭐⭐ 

Erst einmal bin ich froh, dass das hier kein Mehnersmoos-Cover ist. Außerdem mag ich die Komposition, die irgendwo zwischen Indie, Elektro und Pop balanciert und rhythmisch anschiebt. Inhaltlich finde ich Stimmung und Thema irgendwie uneinheitlich, vielleicht ist das aber auch genau so gewollt.

Lululemonsqueezy: ⭐⭐⭐

Wäre ein Konzept-Album angekündigt worden, in dem die Unbeschwertheit karibischer Sounds oder Afro-House-Einflüsse in den Vordergrund gerückt würden – es hätte funktioniert und Nina bewegt sich dort in sicherem Terrain. In einem 16-Track-starkem Album von RAGE GIRL bis Unsicher wirken Songs wie dieser aber seltsam lückenfüllend.

Fucked Up: ⭐⭐⭐⭐

„Pass' nicht mehr auf dich auf, ich kann's nicht ertragen, dass tiefe Augenringe dein Accessoire sind.“ Makko ist das einzige Feature auf diesem Album und nicht, um des Features Willen, sondern um eine Rolle einzunehmen. Chapeau. Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Gebt Nina eine Band. Bisschen Neue Deutsche Welle, bisschen Pop – sehr viel Ohrwurm!


Malediven: ⭐⭐ 

Me-Ting. Meeting. Schöne Wortspiele und witzig, wie betont sie performt werden. Aber erstens nervt mich das „Ah ah ah ah“ zu Tode und zweitens finde ich den Beat dazu auch komplett egal.  

Mama Shoot: ⭐⭐⭐⭐ 

Der vielleicht beste Dancehall-Track des Albums mit sehr eingängiger Hook und tollem Text. Das Ganze unterlegt mit dezenten Einsätzen von Bläsern, als hätten sich Querbeat im Schlafzimmerschrank versteckt. Erinnert ein bisschen an „Mangos mit Chili“, aber das ist ja kein Downgrade.

Kilimanjaro: ⭐⭐ 

Holt mich musikalisch ab, inhaltlich langweilt mich der Track leider. Immer wieder Berlin. Ausgehen. High sein. Die leider voranschreitende Normalisierung und Romantisierung von Weed kann ich Nina als Künstlerin wohl nicht anlasten, aber auch soundtechnisch wiederholt sich hier jetzt langsam einiges.

Vergessen: ⭐⭐⭐⭐ 

Lateinamerikanische Beats, spanische Gitarre – und einmal mehr sehr kreativ geschrieben und performt. Als wolle das Album mit einigen Lückenfüllern immer auf wirkliche Highlights wie dieses hier vorbereiten. „Ich sehn mich so nach einem Fehler. Du bist der Richtige dafür. Mein liebstes Gift, mein treuster Gegner. Genau das mag ich so an dir“ – stark!

Ende: ⭐⭐⭐

Anders als der Name es vermuten lässt, sind wir mit Track Nummer 15 (!) noch nicht am Ende angekommen. Im Hintergrund spielen E-Gitarren synchronisiert zu dem vordergründigen Pop, der irgendwie auch ein bisschen Vibes der frühen 00er Jahre vermittelt. Dazu gehen Ninas Vocals gut nach vorne im Refrain. Autotune darf trotzdem gerne aussterben.

Rückspiegel: ⭐⭐⭐ 

Yes, da haben wir wieder diese dezent-seichte Pop-Rock Attitüde, die ich schon an „Fata Morgana“ mochte und die – ich wiederhole mich nochmal – meiner Meinung nach wirklich am besten zu Nina Chuba passt. Warum sich aber wirklich für einen einzigen Song (hier 2:15) auch mal ein bisschen mehr Zeit genommen wird, ich verstehe es nicht.


Fahr zur Hölle: ⭐⭐⭐⭐⭐ 

Das Warten lohnt sich! Endlich haben wir mal einen Song, der über drei Minuten dauert und mich zudem noch an die großartige Farbenblind-EP erinnert. Bisschen Liquid Drum’N Bass wie eine Autofahrt um 2 Uhr nachts, dazu sehr coole melodische Pads und eine dystopische Grundstimmung. Am Ende entladen sich Synthie-Sägen und orchestrale Effekte. Nice!

ILMILMN (Skit): ⭐⭐⭐⭐ 

Jetzt flext Nina. Der Song ist nur wenige Sekunden kürzer als Jeeep und geht hier als Skit durch? Nee, nee. Anhören! Aufmerksame Gehirne checken: Es handelt sich hier um den Titeltrack des Albums, der als elektronische Piano-Ballade überrascht und irgendwie auch ein bisschen depressiv wirkt. Vielleicht gerade deshalb einer der stärksten Momente auf dem Album.

So lange her: ⭐⭐⭐⭐ 

„Die woll'n nur teuer essen geh'n, die woll'n nicht, dass es schmeckt. Die kenn'n mich erst seit gestern und ich weiß, das ist nicht echt.“ – Großstadtleben, Social Media, Social Pressure, irgendwie bringen die zwei Zeilen es auf den Punkt. Verpackt in einem melancholischen, aber gleichzeitig befreiendem Song. Nach 19 Songs ist Befreiung aber auch angebracht.

Fazit: ⭐⭐⭐ / 5

Ich weiß, Wildberry Lillet ist ihr großer Hit. Aber bei Gott. Je weiter Nina Chuba sich von diesem Club-Pop für Teenager und Algorithmen entfernt, desto besser werden ihre Tracks. Man stelle sich vor, leere Tracks wie Jeeep, RAGE GIRL, Malediven und Kilimanjaro wären B-Seiten. Das Album wäre ein absolutes Singer-Songwriter-Brett geworden. So möchte ich das Album auch in Erinnerung behalten: 12-15 Tracks auf höchstem Deutsch-Pop-Level.



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