Babymetal – Metal Forth (2025)
- Michael Scharsig
- 8. Aug.
- 4 Min. Lesezeit
Das fünfte Studioalbum von Babymetal markiert einen wichtigen Wendepunkt in der Geschichte der Band. Die Produktion fand unter der Leitung von Kobametal, dem langjährigen Kreativkopf hinter Babymetal, sowie Jordan Fish (ehemals Bring Me the Horizon) statt, der für einen modernen und genreübergreifenden Sound sorgte. Mit der offiziellen Veröffentlichung am 8. August 2025 feierte das Trio sein Debüt bei Capitol Records. Besonders auffällig für die Produktion war die Vielzahl an hochkarätigen internationalen Kollaborationen: Sieben der zehn Tracks entstanden in Zusammenarbeit mit Künstlern wie Tom Morello, Polyphia, Poppy, Spiritbox, Electric Callboy, Bloodywood und Slaughter to Prevail.

Sind wir mal ehrlich. Die Auswahl der Feature-Guests ist sicherlich kein Zufall. Mit Ausnahme von Tom Morello sind praktisch alle aufgezählten Acts YouTube-Phänomene und seit wenigen Jahren auf dem vorläufigen Höhepunkt ihrer jeweiligen Karrieren. Kurz: Babymetal wollen Märkte erobern und wissen, mit wem sie das auch schaffen werden. Diese Vielfalt im Produktionsprozess ist trotzdem ein Novum für die Japanerinnen und unterstreicht ihre musikalische Weiterentwicklung, denn der Sound bewegt sich trotz des offensichtlichen Marketing-Plans auf sehr hohem Level. Zudem wurde erstmals Momoko Okazaki (Momometal) als festes Mitglied im Studio eingebunden, was für zusätzlichen frischen Wind sorgt.
Ein Album wie eine PR-Maßnahme, aber gut umgesetzt
Metal Forth steht für das Motto „beyond metal“, also für das bewusste Überschreiten und Aufbrechen klassischer Metal-Grenzen. Anlässlich ihres 15-jährigen Bestehens bekennt sich die Band mit diesem Album zur Weiterentwicklung des Genres und präsentiert sich als globale Botschafterin einer neuen Metal-Generation. Die Kollaborationen spiegeln auch diese internationale Reichweite wider und setzen ein Zeichen für Offenheit und Vielfalt im Metal-Bereich. Allein dafür feiere ich persönlich dieses Projekt. Die Songstrukturen reichen von eingängigem Kawaii-Metal über Metalcore und EDM bis hin zu Power-Metal-Elementen. Wie gut ist nun aber die Scheibe, auf die gefühlt die halbe Metal-Welt seit vielen Monaten wartet?
Poppys Album Negative Spaces gehörte 2024 zu meinen absoluten Highlights des vergangenen Jahres. Auch in diesem Fall hatte Jordan Fish seine Finger im Spiel. Irgendwie also folgerichtig, dass der gemeinsame Track from me to u als Opener für Babymetal herhält. Und es könnte nicht energetischer losgehen. Zusammen mit dem Video ein Overkill an Eindrücken, aber mit sehr coolen Cheerleader–ähnlichen Vocals und meinem Metal-Crush in Aggro-Laune. Dauerbrenner in meinen Playlists. Das galt damals auch für RATATATA, dem gemeinsamen Song mit Electric Callboy, der in meinen Augen noch ein Stück radiotauglicher und eingängiger ist und mich auch live bei Rock am Ring im vergangenen Jahr komplett abgeholt hat. Wir beginnen die Reise durch Metal Forth also mit zwei Tracks, die seit vielen Monaten Kritiker verstummen lassen. Dumm ist das nicht.
Babymetal versammeln die YouTube-Avengers des Metal
Kommen wir zu Song 3, der Zusammenarbeit mit Slaughter To Prevail. Musikalisch ein japanisch-russisches Brett ins Gesicht. Auch diesen Song höre ich seit Wochen bereits rauf und runter. Vor allem Momos Screams und die Power im letzten Drittel holen mich absolut ab. Denke ich aber an die Werte, die dieses Album vertreten will – Grenzüberschreitung, Vielfalt und Offenheit – stelle ich zur Diskussion, ob ein Feature mit Alex Terrible dazu passt. Vielleicht aber auch genau deshalb. Weiter zur Musik: Kon! Kon! mit Bloodywood ist bereits die vierte Kollaboration und ist ebenso verspielt wie seine drei Vorgänger, zeigt aber vielleicht bis hierhin am eindrucksvollsten wie gut die Stile beider Musiker und Nationen auf diesem Album vereint werden.

Überraschend wird es dann bei KxAxWxAxIxI, dem ersten Song ohne Feature, der auf spielerische und ironische Weise das Konzept von „Kawaii“ (japanisch für „Niedlichkeit“) mit hartem Metal kombiniert. Aaaaber: Im Stil eines Rap-Metal-Tracks. Hier werden schön die Klischees der japanischen Popkultur bewusst überspitzt. Auch der folgende Sunset Kiss geht in eine Richtung, die ich nicht erwartat hatte. Ein ruhiger, city-pop-artiger Track mit den Instrumental-Durchstartern von Polyphia. Der Song vermittelt trotz Wehmut auch eine gewisse sanfte Hoffnung und das Festhalten an schönen Erinnerungen. Das Positive aus Trennung filtern.
Ähnlich zufrieden bin ich mit der aktuellen Single My Queen, die wiederum Spiritbox auf den Plan ruft. Bei besagter Band um Sängerin Courtney LaPlante existiert bei mir persönlich immer eine 50:50-Chance, ob ich einen Song mehrfach höre oder nicht. Witzigerweise tun es mir die Nummern mit Groove und Melodie meist mehr an, z. B. Circle With Me und Sew Me Up. Dieser Track hier gehört dazu. Zwar erhält LaPlante ähnlich wie Poppy weniger Einsatz, die Musik ist aber nach wie vor ein absoluter Hybrid beider Stärken. Algorism bringt uns dann zurück zum Kawaii-Metal in dem zum ersten Mal die düsteren Growl-Skills von Momoko Okazaki vollständig zur Geltung kommen.
METALI!! mit Gitarrist Tom Morello von Rage Against the Machine ist der älteste Song und die erste Single des Albums. Er verbindet die Energie und Rhythmik des Metal mit modernen japanischen Musikstilen und behält dabei eine tanzbare Komponente, was typisch für den einzigartigen Babymetal-Mix aus Pop und Metal ist. Track Nummer 10 ist White Flame, der als climaktischer Abschluss der melodischen Speed-Metal-Serie der Band beschrieben wird. Die Texte wurden von Su-Metal selbst geschrieben und tatsächlich hören wir hier Power- bzw. Speed-Metal im Babymetal-Stil. Schnell, melodisch Metal und mit hymnenhaften Vocals. Ein großartiger Abschluss. Wait. Abschluss? Ja. Nach zehn Songs ist der Spaß plötzlich vorbei.
Fazit: ⭐⭐⭐⭐ / 5
Ein YouTube-Kommentar unter dem Musikvideo zu My Queen bringt es auf den Punkt: Babymetal sammeln Kollaborationen wir Infinity Steine. Mit Metal Forth zeigen sie sich experimentierfreudig und zukunftsorientiert, ohne dabei ihre charakteristische Leichtigkeit und das japanische kulturelle Erbe zu verlieren. Egal, ob Synthesizer, Folk, Techno, Rap oder J-Pop. Alles findet hier Platz und öffnet Genre-Grenzen. Allein der Fakt, dass die Features aus Deutschland, USA, Russland, Kanada und Indien stammen, ist irgendwie cool vor dem Hintergrund des Zeitgeists. Wer das alte Babymetal sucht, wird aber selten glücklich werden. Nach all der Warterei nur eine Art Compilation der letzten Jahre mit gerade einmal zehn Tracks zu erhalten ist ebenfalls schade. Die Produktion bleibt aber Weltklasse.










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