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der Filmtipp: Gladiator 2 (2024)

  • Autorenbild: Michael Scharsig
    Michael Scharsig
  • 18. Nov. 2024
  • 4 Min. Lesezeit

Wie muss sich das wohl anfühlen, wenn Du in wenigen Minuten alles geben und gegen etwas kämpfen musst, das übermächtig erscheint? Oh. Ich meinte nicht die Gladiatoren gegen Rom. Ich meinte hochwertige SchauspielerInnen gegen ein desaströses Drehbuch.

Paul Mescal als Lucius in "Gladiator 2"

Worum geht es?


Als römische Legionen unter dem Kommando von Marcus Acacius (Pedro Pascal) die Küsten von Numidien angreifen, stirbt die Frau von Lucius (Paul Mescal), worauf dieser als Gefangener nach Rom verschleppt wird. Als Gladiator soll er dort seinem Besitzer Macrinus (Denzel Washington) Einfluss im von Gewalt und Korruption verseuchten Rom erkämpfen. Als Gegenleistung verspricht dieser ihm Rache an Acacius. Was beide nicht wissen: Acacius liebt Lucilla, Lucius‘ Mutter und ehemalige Geliebte der Gladiatoren-Legende Maximus – seinen Vater.


Hai-Alarm im Kolosseum!


Ich will euch nicht auf die Folter spannen. Gladiator 2 scheitert in wirklich jeder Kategorie bei dem Versuch, ein hochwertiger Epos-Blockbuster zu sein. Damit reiht sich der Film leider in die lange Liste von Ridley Scotts Filmen ein, die zwar alle super aussehen und mit teuren DarstellerInnen und Budgets glänzen, aber keine Chance haben gegen Drehbücher, die ihren eigenen Plot zu hassen scheinen. Robin Hood, Exodus und Napoleon können ein Klagelied davon singen. Nicht falsch verstehen. Ich wollte die vielen kritischen Stimmen wirklich ausblenden und dem ganzen Projekt eine Chance geben. Jetzt weiß ich selbst nicht, wo ich hier ansetzen soll.


Dass Scott ein Meister darin ist, seine eigenen Ikonen zu versauen, hat er nun im Alien-Franchise gleich mehrfach unter Beweis gestellt. In diesem Fall muss die Frage allerdings gestellt werden: Welcher Sinn versteckt sich hinter diesem Sequel? Es scheint beinahe, als verachte der Schöpfer sein Kind. Zwei Beispiele: Gleich zu Beginn wird klar, dass das Opfer, das Maximus einst erbracht hat zumindest für Rom so gar nichts bewirkt hat. Zumindest nicht kurzfristig. Denn unter der wirren und brutalen Herrschaft der beiden Brüder Geta (okay: Joseph Quinn) und Caracalla (peinlich: Fred Hechinger) leiden die Menschen mehr als je zuvor. Auch die eigentlich elegant eingestreuten Figuren aus dem Original werden ohne jede dramaturgische Not der Reihe nach, und ohne dabei selbst ihre großen Momente zu bekommen, gekillt.


Nebenbei versucht Autor David Scarpa hier mehr als auffällig eine Art Game of Thrones in den zweieinhalb Stunden langen Film zu pressen. Da hätten wir die zwei Kaiser-Brüder, unter deren Tyrannei Rom leidet. Wir hätten einen gespaltenen Senat. Wir hätten Acacius, der ein doppeltes Spiel spielt, wir hätten Macrinus, der einen von langer Hand geplanten Umstoß herbeisehnt, wir hätten Lucilla, die zwischen Senat, Acacius und ihrem Sohn steht – und nicht zuletzt haben wir völlig unnötig und mit Billig-CGI eingeworfene Fantasy-Momente mit hässlichen Affen, dummen Nashörnern und Haien, die durchs Kolosseum schwimmen. Ja. Richtig gelesen.


Szenen-Shots von Denzel Washington und Pedro Pascal in Gladiator 2

Wenig überraschend sind die beiden einzigen Highlights des Films der wunderbar aufspielende Denzel Washington (Training Day, Flight, u.a.) und der unfassbar charismatische Pedro Pascal (The Last Of Us, The Mandalorian, u.a.). Beide reißen zu jeder Sekunde ihrer Screentime das Geschehen an sich. Einfach liebenswert, wie der zynische Macrinus ständig seinen Umhang zurechtrückt, weil er eigentlich kein Gehobener ist, sondern „von unten“ kommt und nur eine Rolle spielt. In der Mimik von Acacius spiegelt sich eigentlich all das wieder, was ich von der Hauptfigur erwartet hätte. Doch auch hier: das, was zwischen Acacius und Lucius steht, hätte einer der dramatischsten Hauptteile des Films werden können. Immerhin heißt es eine Stunde lang „Ich will seinen Kopf“. Aber nein. Nach nicht einmal 5 Minuten Kampf ist alles vorbei und unser Held geläutert („Mich schmerzt sein Tod. Ich habe ihn verkannt“. Das hätte Dolph Lundgren überzeugender vermittelt. Heilige Scheiße.


Ein großer Griff ins Kl... ins Getreide


Somit kommen wir auch zum letzten großen Problem des Films. Paul Mescal ist mit seiner Aufgabe völlig überfordert. Auf der einen Seite möchte er seinen Lucius gebrochen vor Wut und Hass spielen. Gleichzeitig aber den poetisch-melancholischen Pathos seines Vaters nicht ausblenden. Heraus kommt ein wortkarger Zyniker, der größtenteils nicht mehr auf dem Kasten hat als stumpfe One-Liner („Der Tod ist nicht, wo wir sind“, „Auch ein Holzschwert hat eine Spitze“, „Ich bin kein großer Redner“, haha sag bloß), bei Lust und Laune aber auch mal Gedichte rezitiert. Stellt euch einfach vor, sie hätten einen zweiten Teil von Titanic gedreht. Aber die Rolle des Sohnes von Jack hätten sie van Damme gegeben.


Während sich das Original die Zeit nimmt, seine Charaktere und ihre Beziehungen so aufzubauen, dass uns die Dramatik um ihre Geschichten später emotionalisiert und mitfiebern lässt, wird hier alles billig und zackig abgehandelt. Der Tod von Lucius‘ Frau, der ja eigentlich Mittelpunkt des Antriebs von Lucius sein müsste, lässt einen völlig emotionstot zurück. Zu seinen Gladiatoren-Kollegen wird überhaupt nichts aufgebaut, diese werden komplett verschwendet. Und warum sich dieser Stammesführer einfach auf den Boden legt, nur um sich von diesen hässlichen Affen genüsslich in den Nacken beißen zu lassen, wird wohl auch ewig ein Geheimnis des Cutters und des Autoren bleiben.


Fazit: ⭐/ 5


Gladiator 2 ist der Sargnagel auf Ridley Scotts Legacy und wirkt wie ein gescheiterter Versuch aus dem Netflix-Labor der Hölle. Einzig Denzel Washington und Pedro Pascal kämpfen heldenhaft gegen die Tyrannei des Drehbuchs an. Das mag hier und da kurzweilig sein und auch unterhalten, aber es sollte keine Minute länger über das nachgedacht werden, was uns der Film präsentiert. Wenn das mittlerweile aber die Messlatte ist, dann müssen wir uns auch nicht mehr als Filmliebhaber bezeichnen.

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