Rock am Ring 2025: Mein Samstag
- Michael Scharsig
- 10. Juni
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 27. Juli

Der zweite Festival-Tag bei Rock am Ring 2025 war – so lässt sich das wohl am besten zusammenfassen – anstrengend. Wie schon an den Vortagen hat das launische Wetter an Schlaf, Fitness und Kondition genagt. Zum Glück hat das kaum Einfluss auf die Stimmung genommen, schon aber auf meine Pläne. Zum Beispiel wollte ich unbedingt Nothing More, Skillet oder Spiritbox sehen. Daraus geworden ist leider nichts. Zum größten Teil, weil die Utopia Stage im Vergleich zu den kleineren Bühnen einfach nicht mehr so viel Spaß macht, wie früher.
Zu schnell füllen sich die Wege durch das Ampelsystem, zu voll wird es im mittleren Bereich, zu wenig sieht man, wenn man aus den hinteren Reihen zuschaut. Bei Letzterem Punkt wurde durch die wirklich eindrucksvollen Screen-Cubes (oder so ähnlich) sogar seitens der Veranstalter gut entgegengewirkt, um das Maximum an Experience herauszuholen. Nur ist ein Bildschirm am Ende trotzdem kein Ersatz. Lange Rede, kurzer Sinn: Es wurde einmal mehr ein Tag der kleineren Bühnen und das ist absolut keine Herabstufung für mich. So konnte ich zum Beispiel zum ersten Mal die Crossover-Veteraninnen Kittie sehen, die den Samstag eindrucksvoll auf der Mandora Stage starteten.
Playstation, Beer Pong und Laptop-Playlist
Um eine Freundin von mir zu treffen, mit der ich zusammen vor Jahren auf unseren elektronischen Events für Expats in Düsseldorf aufgelegt habe, habe ich mich dann über Whatsapp-Standort (Tipp: nicht machen!) durch die Menschenmenge und vor die Bühne von Me First And The Gimme Gimmes gearbeitet und bin ich ehrlich: das war wirklich nicht meine Musik. Zu wenig kenne ich mich im Punk aus, als dass ich die Cover hätte feiern können und zu drüber kam mir die Show der Band vor. Die Zuschauer, die dort bewusst standen, hatten aber ihre Freude daran. Ich wiederum hatte meine Freundin verpasst und so kam es, dass ich ungeplant vor der Orbit Stage landete, wo Evil Jared von der Bloodhound Gang gemeinsam mit dem deutschen Content Creator Krogi auftreten sollte.
Die beste Nachricht zuerst: Wir haben uns dort tatsächlich getroffen und gemeinsam die Show angesehen. Diese hat mir wiederum mehr Spaß gemacht, als ich zugeben sollte. Mit dem Satz „Wir machen heute kein Konzert, wir machen Party“ wurde der ganze Spaß eingeleitet – auf der Bühne nur ein Schlagzeug und ein Laptop. Aus den Boxen eine Playlist bekannter Hits aus den 90ern und 00ern. Auf der einen Seite dachte ich: „Bisschen enttäuschend für einen Slot am späten Nachmittag“, auf der anderen Seite muss ich aber auch sagen: Fuck it. Es ist ein Festival und die Menschen haben Spaß. Es wurde über Donald Trump gelästert, Tony Pro Skater 2 gezockt, ein Ochsenknecht führte Beer-Pong zwischen Menge und Musiker durch, und und und. Vielleicht nicht innovativ oder nachhaltig beeindruckend, aber definitiv anders.
Was als Nächstes geschah, kann gut und gerne als Wolkenbruch bezeichnet werden, denn in innerhalb weniger Minuten wurde das Festivalgelände von einem derart starken Platzregen heimgesucht, dass viele Menschen zu ihren Zelten flüchteten und das Areal sichtbar leerer wurde. Wir beide flohen dagegen zum überdachten Food Court und quetschten uns dazwischen. Irgendwie ein typischen RaR-Erlebnis und am Ende dann auch gar nicht so nervig, wie es vielleicht klingt. Wir verpassten Holy Wars und Airbourne bzw. waren dies die Bands, die zu dieser Zeit spielten, aber sei es drum. Kurze Zeit später verabredeten wir uns für den späteren Slipknot-Gig und gingen erst einmal getrennte Wege. Für mich hieß das: Zurück zur Orbit Stage und ich sollte nicht enttäuscht werden.
Von 19:15 bis 22:25 habe ich die Bühne auch nicht mehr verlassen, die ich deshalb so liebe, weil Du hier jederzeit bis ganz nach vorne kannst, ohne dichtes Drängeln oder nervige Ampelsysteme. So habe ich mir Future Palace, Northlane und Seven Hours After Violet hintereinander angeschaut und alle drei haben komplett abgeliefert. Die von der RaR-Premiere sichtlich ergriffene Maria von Future Palace droppte noch ein wichtiges Statement zum Thema Depression, Northlane lieferten klanglich eine Show wie aus dem Studio ab und die vom System of a Down-Bassisten Shavo Odadjian gegründete Metalcore-Truppe rundete den flotten Dreier absolut würdig ab. Schade, dass bei ihnen deutlich weniger Zuschauer waren, sie hätten es verdient.
Da weder Rise Against noch Kontra K oder Smash Into Pieces wirklich meinen Geschmack treffen, habe ich die Chance genutzt und mir die neue vierte Bühne namens „Atmos Stage“ angeguckt. Dort traten nämlich SiM aus Japan auf, ein wilder Genre-Mix aus Nu Metal, Synphonic Metal, Metalcore und manchmal auch – nun ja. Ska. Mit Blick auf die Menschenmenge war interessanterweise deutlich erkennbar, dass die Band international größer ist, als es der Bekanntheitsgrad in Deutschland hätte vermuten lassen. Sänger „MAH“ scherzte sogar kurz darüber, dass sie eigentlich auf der falschen Bühne stehen. Live auf jeden Fall absolut überzeugend und sicherlich immer mal einen Blick wert, sollten sie noch einmal in unseren Line-Ups auftauchen.
Den Abschluss machten dann die alten Helden von Slipknot, die ich schon mehrfach live erleben durfte und die noch nicht ein einziges Mal enttäuschten. Auch dieses Mal bewiesen sie von Minute 1 an, warum die Band den Headliner-Status hier im Lande verdient und das, obwohl immer mal Band-Member gehen oder auch schon Verluste in Kauf genommen werden mussten. An Energie und Spielfreude haben die Jungs aus IOWA jedenfalls nichts eingebüßt.
Fazit Tag 2
Das klingt jetzt negativer, als es eigentlich gemein ist, aber: Durch fragwürdige Line-Up Entscheidungen, wie Kontra K als Opener für Slipknot, die intensiven Regenbrüche und generelle erste Konditionseinbußen, konnte der Samstag mit dem ohnehin sehr schönen ersten Tag nicht mithalten. Musikalisch habe ich allerdings einmal mehr erfahren, wie viel mehr mir die kleinen Bühnen geben, denn mit Ausnahme von Me First And The Gimme Gimmes habe ich durchweg großartiges Shows gesehen und meinen Horizont noch einmal erweitert. Ich liebe es, meine Tage bei Rock am Ring durchzuplanen. Positive Überraschungen liebe ich aber noch mehr.










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