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Wacken Open Air 2025: Mein erstes Mal

  • Autorenbild: Michael Scharsig
    Michael Scharsig
  • 3. Aug.
  • 4 Min. Lesezeit

Das Wacken Open Air im hohen Norden Deutschlands gilt als eines der beliebtesten und größten Metal-Festivals der Welt. Dieses Jahr habe ich zum ersten Mal die Chance ergriffen, mir den ganzen Spaß anzuschauen. Anders als bei meinen Reviews zu Rock am Ring habe ich mich hier aber gegen ausführliche Zusammenfassungen pro Tag entschieden, da ich aus beruflichen Gründen vor Ort war und somit nicht vollumfänglich darüber berichten könnte. Eines lässt sich aber schon sagen: Es war eine einzigartige Erfahrung.


Collage aus Wacken-Icon und Foto 2025

Wie erwähnt bin ich beruflich und mit Arbeitskollegen zum Holy Ground gefahren, was bedeutete, dass wir uns bereits einen Tag vor Öffnung das Gelände anschauen konnten. Das betone ich, weil es zwar faszinierend war, auf dem menschenleeren Gelände von Bühne zu Bühne zu spazieren – es war aber auch der letzte Tag, an dem wir irgendeine Form von sattem Grün der Flächen wahrnehmen durften. Schon am Abend fielen erste Tropfen, in der Nacht ging es weiter. Der Eröffnungstag sollte anschließend in Wassermassen untergehen, was die tausenden Besucher und Besucherinnen natürlich nicht aufhielt.


Ich nehme vorweg, dass die Wetterumstände mein größter Minuspunkt bleiben sollten. Denn was am ersten Tag noch nass und glitschig war, verwandelte sich für den Rest des Festivals in einen tiefbraunen Acker aus Matsch und Schlamm. Zwar ist das in Wacken nichts Neues und ich bin auch vom Ring einiges gewohnt, doch einen Zustand wie in diesem Fall habe ich noch nie erlebt. Für den Rest der Zeit versanken die Stiefel teilweise über 20, 30cm tief in Soße mit Stückchen, die beim kleinsten Sonnenschein zudem fester wurde. Wirklich überall. Egal vor welcher Bühne, egal zu welcher Uhrzeit. Damit der Rest meiner Review nicht ausschließlich vom Schlamm handelt, möchte ich das anfangs hervorheben, denn – trotz aller Metal-Romantik – hat das mit jedem weiteren Tag enorm Kraft, Kondition und auch Lust geraubt.


Viel liebe zum Detail, viel gute Musik


Was unglaublich schade ist, denn vor allem beim Gang durch das leere Gelände am Vortag, und auch noch während des verregneten Mittwochs, hat mich vor allem die Liebe zum Detail begeistert, mit der Areale wie das Wackinger Village und Wasteland Warriors konzipiert wurden. Schwertkämpfe, Cage Fights, riesige Ochsen auf dem Grill, verkleidete Menschen wo man hinsieht, Mittelalter, Mad Max, Piraten, sogar eine Space Station – wenn das Festival eines kann, dann alle Sinne zu jeder Zeit gleichzeitig zuzuballern. Aber kommen wir so langsam mal zur Musik. Die schlechte Nachricht zuerst: Aufgrund der Umstände hatte ich fast alles verpasst, was ich gerne gesehen hätte: Heavysaurus, Dogma, Gojira, Annisokay, Landmvrks, Drowning Pool, Beyond The Black, Hanabie, Pentagram, Static-X … die Liste ist sehr lang.


Dafür habe ich aber auch mal wieder einige Acts erleben dürfen, die ich bewusst wohl eher ignoriert hätte. Und was soll ich sagen? Es hat sich gelohnt. Zwar konnte ich mit der Zwergen-Party von Wind Rose oder den bunten Jungs von Trollfest musikalisch nicht viel anfangen, aber Stimmung haben sie gemacht. Eher durch Zufall durfte ich mir auch ein bisschen den Gig der kölschen Legenden BAP geben, die ehrlicherweise einen durchweg sauberen, sympathisch und klanglich einwandfreien Auftritt hingelegt haben. Ähnlich sieht es aus mit Ugly Kid Joe, die einfach nichts von ihrem Entertainment verloren haben. Als Lita Ford zudem Close My Eyes Forever spielte, dem gemeinsamen Song mit Ozzy Osbourne, wurde es kurz still. Rest in Peace.


Foto vom Wacken Open Air 2025

Die beste Show des Festivals – logischerweise bewertet nach Shows, die ich gesehen habe – lieferten Papa Roach. Jacoby und Co. habe ich jetzt mindestens schon drei-, viermal gesehen, während all ihrer Höhen und Tiefen. In diesem Fall huldigten sie ihrer Nu-Metal-Vergangenheit und spielten so ziemlich alle Klassiker aus Infest, Lovehatetregady und Getting Away With Murder. Hinzu spendeten sie die Einnahmen ihres Gigs für Suizid-Prävention, coverten Limp Bizkit, Deftones, System of a Down, Korn und Linkin Park, gedachten der verstorbenen Metal-Helden Ozzy Osbourne und Chester Bennington und das alles mit einem absolut charismatischen und energetischen Vibe. Die Kalifornier haben einfach Spaß gemacht und zeigten sich selbst stellenweise gerührt von der Rückmeldung aus den Massen.


Das krasse Gegenteil dazu lieferten zuvor Guns’N’Roses, die wohl über allen anderen Acts stehenden Headliner des Jahres. Um hier nicht einen ganzen Abschnitt lang auf Musiker einzudreschen, fasse ich mich kurz. Es war eine Frechheit. Axl Rose, seine Karriere in allen Ehren, ließ Ohren Bluten und das in einer Rekordlänge von über 3,5 Stunden. Eine absolute Zumutung, gegen die Slash und Co. leider auch nicht anspielen konnten. Deutlich mehr Spaß hatte ich bei einigen älteren Helden meiner Zeit, darunter die bestens aufgelegten Clawfinger und Fear Factory sowie die witzigen Krieger der Warkings. Zudem sei noch erwähnt, dass die Grindcore-Newcomer von NAMEK aus Portugal sympathisch waren. Alles klang nach Schlachtung und ich habe nichts verstanden, aber wir hatten unseren Spaß.



Besonders hervorheben möchte ich noch From Fall to Spring, die ich dank Job schon bei einem Mini-Akkustik-Gig in der exklusiven Wacken United Area sehen konnte. Ihr späterer Auftritt auf der Headbangers Stage ist nach Papa Roach wohl mein zweites Highlight gewesen. Durchweg professionell, sympathisch und trotz 15 Jahren Bandgeschichte auch eine Premiere in Wacken. Wer die Chance hat, sie mal zu sehen, sollte das tun. Dank Leinwand im Catering-Zelt haben wir noch im Hintergrund ein bisschen von Dominum, Apocalyptica, Krokus, Grave Digger, Hellbutcher und Floor Jansen mitbekommen, die allesamt einen guten Eindruck hinterließen.


Fazit


In der Theorie ist das Wacken Open Air wohl tatsächlich eines der größten Metal-Erlebnisse der Welt. Meine Prognose ist allerdings, dass das immer älter werdende Line-Up und die teils sehr inszeniert wirkende Schlammromantik irgendwann Spuren hinterlassen werden. Mir geht es nicht darum, die Kommerzialisierung zu feiern oder zu brandmarken. Die Atmosphäre war großartig, die meisten Bands top aufgelegt. Aber wenn der Headliner aus Altersgründen nicht liefert und die Zuschauer dem Wetter meist hilflos „überlassen“ werden, bleibt ein fader Beigeschmack, den auch zig Influencer auf Instagram nicht überspielen können. Ich muss das Ganze einfach nochmal mitnehmen, bei besserem Wetter und würdigen Haupt-Acts. Die erste Bandwelle für 2026 klingt jetzt schon vielversprechend!

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